Friday 5 December 2008

Universität Hildesheim, StudentInnen der Kulturwissenschaft, Seminar Prof. Biehler

Chrisitan Kesten 'Zunge lösen' (1999/ 2002)
Maulwerker Trio: Kairies, Kesten, Weissmann

Übungen, die die Zunge lösen – zumal für den Gebrauch auf der Bühne – klingen mitunter wie die Nachahmung einer Dampflock aus industriellen Hochzeiten, wie das langgezogene „BÄH“ eines Menschenjungen noch lange vor dem Spracherwerb, oder wie Lieder, die den vorzeitigen senilen Verfall andeuten.
In Kestens „Zunge lösen“ ist jedoch lange nichts zu hören. Stattdessen kann man das langsame Auffallen der Münder zu beobachten. In der Verdreifachung erinnern die Gesichter an Puttenköpfe, die jeden Moment anfangen könnten zu singen. Das Abfahren des Gaumens mit der Zunge ist nur zu erahnen, wenn ein kleines Schnalzen und Ploppen hörbar wird. Wenn schließlich die Zungen aus den Mündern hervorblitzen, sehen sie fremd aus wie kleine, spitze oder lange, fleischige Würste, die aus den starren und doch so unterschiedlichen Physiognomien der Maulwerker hervorragen.
Die Zungen erscheinen als Protagonisten eines Puppentheaters, in dem die Gesichter zur feststehenden Szenografie erstarren und die Lippen wiederum mechanisch einen dunklen Spot für den Auftritt des Streckens, Tastens und Zuckens der rosig feuchten Muskeln bereitstellen.
Das Widererkennen der eigenen Mundanatomie, wechselt mit dem fremden Blick auf die Trinität aus halbverborgenen, ausschließlich hörbarem und halbsichtbarem Zungenspiel, ein Spiegelverhältnis bei dem man unwillkürlich den eigenen Mundmuskel bewegt. Und sich plötzlich wundert, nicht nur über das Anlitz einer Zunge, sondern auch über die Form von Augen, Nasen, Augenbrauen und Haaransätze. Seltsame Dinger diese Gesichter.

(Verena Lobert)

Weißhaarig in weißem Hemd, kaum wirklich anwesend, steht Alice Knowles vorne an der Bühne und erzählt eine Geschichte. Ein Kind lernt Stricken mit mehrfarbiger Wolle. Wie beim Aufsagen eines Gedichts benennt sie die Farben der nicht vorhandenen Schnur und wirkt selbst so klein wie ein Kind: Brown, Brown, Brown, White, Red, Red, Green.
Auf einem langen schmalen Tisch sind unterschiedliche eher alltägliche Gegenstände zu sehen: Sirup, Papier, verwelkter Salat... Einen Ausschnitt der Anordnung wird an einer Seite des Tisches von einer Kamera live aufgenommen und vergrößert an die Wand projiziert. An der anderen Seite vergrößert ein Mikrofon den Klang der Aktion.
Hinter dem Tisch stehend widmen sich Alice Knowles und Christian Kesten abwechselnd diesem und jenem Gegenstand. Mit Plastikobst wird leicht gegen den Tisch geklopft, Papier rasselt, eine Reibe quietscht. Es entsteht eine Geräuschekulisse, ab und zu kommen Sounds zusammen und lassen Rhythmen und Melodien entstehen.
Bis auf wenige zufällig an der Kamera streifende Bewegungen, die mir mal ein schwingendes Salatblatt präsentieren, ist die Leinwand von einem Standbild besetzt. Das sich mir aufdrängt und nicht zulässt, dass ich mich in den Klang verliere. Ich versuche immer wieder Sehen und Hören zusammenzuführen. Ich bemühe mich den Klang Farben zuzuordnen um mir die Dinge, die ich sehe zu erschließen, aber meinen Drang meine Sinneswahrnehmungen zu komponieren bleibt unbefriedigt. Die Klänge und die Dunkelheit im Zuschauerraum legen sich schließlich auf meine Augen wie Blei und ich schließe sie. Verlangsamter Alltag ist zu hören. Ich liege in meinem Bett, im Wohnzimmer geht jemand umher, in der Küche wird wahrscheinlich gekocht. Das Ende verpasse ich, als ich die Augen öffne verbeugen sich die Performer.

(Vanessa Lutz)

Katarina Rasinski 'Eiszeit' (1997)
Maulwerker

Drei Personen stehen aufrecht mit dem Gesicht zum Publikum und dem Rücken zur Wand.
Nach und nach lösen sich einzelne Laute aus den Mündern und überlagern sich. Ein Klangteppich aus Schmatz-, Zisch- Schluck-, Jammer-, Zisch- Quietsch- und anderen „Urlauten“ in verschiedenen Tonhöhen entsteht.
Von draussen scheppert durch eine halboffene Tür ein leerer Wassertrog.
„Ouzschouzkrrrchousnnejiiuouchzejsmiiiijjuhuuiuiuihhhhhouchz(schepper)ouchzuiuiuisfsdschoureaaaahhhsschmtzwwfszhhhhkoutzsch................................................................................“
Gleichzeitig bewegen sich die drei Personen langsam aufs Publikum zu.
Der Ton- und Bewegungsfluss wird nicht gestoppt, als das Publikum erreicht ist, die unsichtbare Grenze zwischen Akteuren und Publikum im Fluss durchbrochen.
Die Spannung steigt.
Die drei Personen steigen zwischen dem Publikum in die Höhe, ungebremst und ungerührt.
Der ganze Raum wird zum Performanceraum - die Aktion durchzieht den Raum.
Das Publikum wird in den Rhythmus und den Fluss der Performance einbezogen.
Die drei Personen sind fast am Ende des Raums, der Raumdecke angekommen, als der Wassertrog erneut scheppert. Abrupt halten sie in ihren Bewegungen inne.
Die Performance endet.

(Annette Platz)

Alison Knowles 'Silk Thread Song' (Song #2 from 'Three Songs' 1972)
Version Maulwerker 2008

In einem Halbkreis sind Stühle mit Notenständern aufgebaut. Sehr konzentriert und ernsthaft blickende Perfomer setzen sich auf die Stühle und nehmen verschiedene Dinge in die Hand: eine Geige, ein Glas, eine Art Pfeile mit zwei Steinklötzen. Neben den Stühlen hängt ein längliches Papier, das für mich wie ein chinesisches Phantasie Banner aussieht. Die Bedeutung dieses Papiers wurde von Alison Knowles auf englisch erklärt. Verstanden habe ich diese nicht genau, nur, dass die Linien und Striche auf dem Papier nicht von Menschenhand entstanden sind.
Dann beginnen die Performer unmerkliche Laute und Geräusche von sich zu geben. Sie grunzen und zischen mit dem Mund. Ihre Instrumente erzeugen ungewohnte Töne und Geräusche. Es dauert einen kurzen Moment, bis ich begreife, dass die Geräusche einer Komposition oder Ordnung folgen. Die Blätter auf den Notenständer zeigen die Linie auf dem Banner. Jetzt frage ich mich, an welcher Stelle der Linie die Performer, die in meinem Kopf zu Musikern geworden sind, wohl sind. Haben sie am oberen oder am unteren Ende der Linie angefangen.

(Christina Schelhas)

Steffi Weismann 'Fountain' (2008)
Maulwerker & Knowles

Fünf Menschen betreten die Bühne und formieren sich.
In der Mitte setzt sich eine Frau auf einen Stuhl, rechts und links von ihr stehen zwei weitere Personen. Die vierte Person positioniert sich halb kniend im Vordergrund, rechts davon, schräg vor der Frau auf dem Stuhl, liegt ein Mann auf der Seite. Alle halten jeweils einen weißen Plastikbecher in jeder Hand, halten die Becher in unterschiedlichen Höhen und Winkeln zum Körper.
Die Menschengruppe hat sich als lebendiges Bild, als „Springbrunnen“ eingerichtet und schaut freundlich ins Publikum.
Alison Knowles bringt den Mechanismus in Gang, indem sie einen der Becher mit Wasser aus einer Flasche füllt. Dieses Wasser wird nun sehr langsam in den Becher einer anderen Brunnen-Figur gekippt, man sieht und hört es tröpfeln und fließen. So durchläuft das Wasser langsam den ganzen Springbrunnen-Mechanismus, wird immer von Becher zu Becher weitergegeben, zwischendurch wird auch mal ein Schluck davon getrunken. Die Becherhände, die gerade kein Wasser empfangen oder weitergeben, drehen ihren Becher langsam in der Hand.
Dann beginnen die Figuren während der Wasserübergabe Text zu murmeln; ich höre etwas von „...auf Zimmertemperatur einrichten“ und „Simsaladusaladim“, höre Töne, Geräusche und Ansätze von Gesang.
Noch läuft der Mechanismus, aber das weitergegebene Wasser geht langsam zuneige, weil beim Weitergeben immer mal wieder was daneben geht oder getrunken wird.
Jetzt ist es soweit und der letzte Tropfen wechselt unter Gemurmel und Gesang den Becher.
Der Brunnen verstummt, die Posen werden aufgelöst und fünf Menschen mit zehn Plastikbechern verbeugen sich.

(Sina Wachenfeld)

Silk Thread Song

Fünf Performer im Halbkreis. Notenständer vor sich. Links von ihnen, hängend, ein Rollbild aus Seide: Maschinell erstellt, ein Blueprint, ohne Zutun von Menschen entstanden, erklärt Alison Knowles – die Partitur. Dunkelblaue Spuren, erinnernd an Konstruktionszeichnungen oder Insektenbeine unterm Mikroskop.
Kammerorchestersituation. Publikumsraum und Zuschauerraum sind klar getrennt. Wir sitzen vor einer Bühne, einer Konzertbühne. Die Instrumente: eine Geige, ein Blatt Papier, ein Küchensieb, ein Weinglas, zwei Klötze, ein Stab.
Knowles geht.
Stille. Konzentration der Performer – auf sich selbst, auf die Partitur. Erwartung des Publikums. Dann ein Brechen der Stille von links. Ein seltsames Geräusch. Schabend, Quietschend. Und dann das Einstimmen der Anderen. Jammernd, klagend, heulend, wimmernd klingen die Gegenstände und die Performer. Werden selbst zum Instrument. Das Singen des Weinglases schwebt monoton und stetig über oder unter dem Klangteppich. Der steigt, fällt, wird schneller, wieder langsamer – bleibt aber immer in einem gefühlten Rahmen. Niemand scheint auszubrechen, bleiben im Rahmen aus Seide und Linien. Der ist hell angeleuchtet. Die Partitur nimmt viel Raum ein. Gefühlt. Steht im Vordergrund. Die Performer: bleiben im dunkleren Hintergrund auf der schlichten Bühne – nur ihre Töne lassen sie präsent sein. Nur die sind wichtig.
Wie lange ist das Lied? So lang wie das Bild? Wie lange ist ein Bild? Meter, Zentimeter, Dezimeter – wie viele Minuten, Stunden, Sekunden?
Irgendwann Stille. Die Performer verbeugen sich. Applaus. Ende.

(Lisa Bauer)

Silk Thread Song

6 Notenständer – 6 Performer. 5 davon Musiker. Maulwerker. 1 Tisch, eine Geige. Ein Wasserglas, zwei Siebe. Top, die Wette gilt. Gleichzeitig entzünden alle ihre Stoppuhren. Gleichzeitig beginnen sie. Mit Ruhe. Die kommt von der herabhängenden Leinwand. Alison Knowles stellt ihren „Silk Thread“ zur Verfügung. Experimentalmusik. Unkomponiert. Uraufgeführt: Musizieren nach Seidenfaden.

Jeder Musiker vor sich auf dem Notenständer: collagierte Leinwand. Kleinkopiert, abgeschnitten, neu zusammengefügt. Es ertönt wie heisere Wellen. Pusten wird zum Ton. Atem ein Musikinstrument. (Papier)Knistern, Summen, Surren. Schwingungen zwischen den Ohren. Verhaltenes Krächzen. Rückwärtsrülpsen. Wie eine heran nahende Biene vorbei am brodelnden Wasserkocher. Aus dem Hals heraus gequietscht. Laute, die düster sein könnten. Besinnliche Leere. Maulwerker-Original.

Der Titel ist Programm: Das Maul gespitzt, die Zunge vibriert. Geräusche aus menschlichen Mündern. Das kann gruseln. Das dringt hinaus. Da baut man mit Mündern Instrumente. Werke im Mund. Mundwerk. Werkmaul. Die Maulwerker.

(Koträppchen)

Alison Knowles, 'Mantra for Jessie: some help in sleeping' (1979)
Alison Knowles & Christian Kesten Duo

Wie ein Kind beim Stricken. Die lange Nadel umwickelt mit bunter Wolle. Jede Masche eine andere Farbe. Beim Zählen werden die verschiedenen Couleurs genannt. Alison Knowles verliest die Reihenfolge. Immer wieder dasselbe Grün. Abgewechselt von weiß, rot, blau, braun. Sie betastet Materialien. Sie reibt sie, schlägt sie, holt Geräusche aus ihnen heraus.

Eine Handtasche aufknipsen. Salatkopf fühlen. Mundwasser aufdrehen. Plastiktütenrascheln. Spielzeugvogel aufziehen. Schwamm zerdrücken. Alles: antippen, knistern, kratzen, zerren.

Eine Videokamera. Wechselndes Stillleben. Etwas wird weggenommen. Woanders hingestellt. Material wechselt seinen Standort. Performer tauschen Plätze. Und alles hinten an projiziert. Die große Leinwand.

(Koträppchen)

Ariane Jeßulat 'niet und nagel' (2008)
Maulwerker Trio: Kaires, Kesten, Weismann

Tischdecken. Drei Bretter-Hämmer-Karteikartenstapel. Drei Stühle besetzt. Eine Nagelkiste - direkt in der Tischmitte. Performancebeginn. Drei selbe Tätigkeiten. Nagel nehmen, Nagel klopfen. Derweil: Sprichwörter von Karteikarten ablesen. „Erst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure“.

Rhythmus entsteht. Rhythmus wird gebrochen. Zwei mal eine unbeklebte Karte. Ohne Satzvorgabe. Klang und Bewegung: Eine Zäsur. Performer erstarren. Verharren. Fahren fort. Bei beendetem Stapel: Abgang.

Wortwörtlich: Die Maulwerker an der Werkbank. Werkzeug in der Hand. Werkzeug im Mund. Sprache und Handkraft sind stark. Nagelklopfen übertönt Besserwissen und hat Klang zur Folge. Eine akustische Collage als Namensillustration.

(Koträppchen)

'Zunge
lösen'

Drei Leute auf Drei Stühlen. Nebeneinander. Starren geradeaus. Warten und konzentrieren. Münder zum Öffnen. Ganz langsam. Spannung erzeugt. Plötzlicher Sound. Woher der kommt?

Zungenbewegung. Schnalzen und Schmatzen. Blubb und Raus. Zunge strecken. Gestreckt lassen. Und verharren. Aushalten. Zungenakrobatik. Anspannen.

Eine Stimmung zum Augenschließen. Zum Versinken. Zum Nachspüren. Dem Ton folgen. Wo geht er hin? Wo kam er her? Der Muskel im Mund trainiert. Hörbar. Bis ich aufschrecke. Wo ist er hin? War das geträumt? Alle Münder zu. Schon wieder? Oder immer noch?

(Koträppchen)

'Zunge lösen'

Drei Personen auf drei Stühlen. Eng beieinander.
Gerader Rücken, Beine parallel, Hände auf den Schenkeln.
Schauen ins Publikum.
Schauen. Starren. Schauen.
Sitzen.
Unbeweglich. Unbeteiligt.
Ein Mund öffnet sich. Fast unmerklich. Weiter und weiter.
Starre Gesichtszüge.
Die anderen Münder. Öffnen sich. Weiter und weiter.
Gesichtszüge – starr.
Münder fangen an, zu schmatzen, schlotzen, schmecken.
Langsam. Leise. Fast lautlos.
Stumm. Starr. Stille.
Plötzliches ploppen. Wabert von einem zum andern.
Starre Gesichtszüge.
Wieder Stille. Spannung.
Eine Zunge erscheint.
Langsam. Lautlos. Tastend.
Eine andere Zunge streckt sich. Spannt sich.
Zungenbewegungen. In Zeitlupe.
Stille.
Schauen. Starren. Schauen.
Zungen verschwinden.
Klappen zu.
Stille.

(Annette Platz)

'Zunge lösen'

Drei Maulwerker sitzen auf Stühlen nebeneinander recht nah dem Publikum gegenüber. Die Hände auf dem Schoß, ohne Regung, starren sie geräuschlos in die Menge. Ungemein langsam, an Marionetten erinnernd, öffnen sie beinahe synchron ihre Münder und geben vereinzelt Schnalzlaute von sich. Die Gesichter scheinen ausdruckslos, mechanisch, fremd gesteuert. Alle Aufmerksamkeit der Zuschauer richtet sich auf die Mundpartie, jede kleinste Bewegung wird wahrgenommen. Dann tritt die Zunge, einem Wurm gleich, der seinen Wirt verlässt, aus der schwarzen Mundhöhle, bewegt sich wie losgelöst von der starren Behausung, verselbständigt sich, zieht sich wieder zurück. Schnalzlaute, Zischen tritt aus den Kopföffnungen. Die Zungen erscheinen ein zweites Mal, flapsen schnell hinein/ hinaus, kreisen behutsam examinierend um den Mund, machen sich lang, verschwinden wieder. Surren und Zischen. Dann schließen sich langsam die Münder. Die Maulwerker haben mit ihrem Maul gewerkelt.

(Nadine Grobeis)

'Zunge lösen'

Drei obszöne Zünglein hocken auf der Mauer
Auf der Lauer, glotzen einem kuhäugig entgegen.
Zünglein macht sich auf den Weg.
Lippen. Mund. Winkel. Kinn.
Eher unbemerkt. Tastet untere Schneidezähne ab.
Fährt an der Zahnreihe vorbei. Schon deutlicher an der Backeninnenwand.
Gaumenlutschen.
Ein leises hörbares Schnalzen entfährt meinem Mund.
Etwas Peinlich berührt sehe ich mich um im Zuschauerraum,
Ob wer was von Meiner mangelnden Körperkontrolle gemerkt hat.
Während ich mich
Für Mein dreistes Zünglein fremdschäme
Und mich über die Wirkung, die ein fremdes Zünglein auf meinen Körper hat,
Wundere,
geht mir das Obszöne in einer Geste, in der mir drei Personen die Zunge rausstrecken, vollkommen ab.

(Tim Tiedemann)

'Mantra for Jessie: some help in Sleeping'

Die Zuschauer sitzen auf einer steil ansteigenden Treppe. Der Blick von ganz oben wird durch schwere Holzbalken behindert. Auf der Bühne hängt noch die „Partitur“ des Silk Thread Songs Nr. 2.
Alison Knowles betritt die Bühne. Sie trägt schwarze Hose, weiße Bluse und eine schlohweiße Kurzhaarfrisur. Mit leiser Stimme erzählt sie, dass man sich ein Mädchen vorstellen soll, das mit einem mehrfarbigen Faden stricken lernt. Bei jeder Masche wiederholt es die Farbe, die es sieht.

Brown – Brown – Brown – Green – Green – Red – White White – White – Green - - - Brown - - - Brown – Red Red – Green – White...

Ein Tisch wird hereingetragen. Auf ihm sind Materialien in braun, grün, rot und weiß. Links vor dem Tisch steht ein Mikrofon, das durch die Kamera von rechts aufgenommene Bild des Ensemble auf dem Tisch, wird hinter die Performenden an die Wand geworfen. Mit Alison Knowles steht ein Mitglied der Maulwerker hinter dem Tisch.

Die einzelnen Gegenstände werden nun nacheinander vor das Mikrofon oder die Kamera gehalten und auf ihre Soundqualität überprüft. Es gibt verrostetes Eisen, dickes Papier, eine Plastiktüte, ein Plastikmännchen zum Aufziehen, eine Holzsternfrucht, ein Plastikfotoständer, eine Gummigans, Glasflaschen, ...

Welches Geräusch macht ein Salat? Ist es jetzt wichtig, dass der Salat grün ist? Was, wenn er rot wäre, wie ein Radicchio?

Durch die Projektion werden die Dimensionen verschoben, Glasflschen und Ahorn-Sirup Büchse sind so groß wie die Performenden. Aber viel tut sich nicht auf der Leinwand. Nur manchmal wird das Stillleben durch die Wegnahme oder das Zurücktreten eines Objektes verändert.

Die Performenden agieren sehr vorsichtig mit den Gegenständen. Ihre Bewegungen sind langsam und bedächtig. So als dürfte man keinen wecken. Leider vermittelt sich auch der Eindruck, auch die Performenden würden lieber schlafen. Fast so als erstarren sie vor der Geschichte. Er vor ihr, sie vor ihrer eigenen Geschichte. Ist das jetzt noch eine Schlafhilfe oder mehr ein Totentanz.

(Varinka Schreurs)

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